ÖNZ-Newsletter 4/2020
ÖNZ-Newsletter 4/2020
Anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte werfen wir einen Blick auf die Menschenrechtslage in der Region der Großen Seen.
Die ersten Monate des burundischen Präsidenten Evariste Ndayishimiye im Amt stimmen nicht zuversichtlich. Neben der weiterhin prekären wirtschaftlichen und humanitären Situation besteht in vielen Teilen des Landes weiterhin eine große Unsicherheit. In der bisher kurzen Amtszeit Ndayishimiyes wurden um die 160 Menschen getötet. Die meisten dieser Straftaten sind nicht aufgeklärt. Einschüchterungen und willkürliche Übergriffe gegenüber regierungskritischen Stimmen halten an. Die Jugendmiliz Imbonerakure soll für einen Großteil der Repressionen und Morde verantwortlich sein.
Der letzte Bericht der Untersuchungskommission der Vereinten Nationen (VN) verweist auf die Missachtung demokratischer Regeln durch die neue Regierung. Verantwortliche für Menschenrechtsverletzungen erhielten beispielsweise politische Posten.
Der im Jahr 2018 zu 32 Jahren Gefängnis verurteilte Menschenrechtsaktivist Germain Rukuki ist trotz Berufungsverfahren weiterhin inhaftiert. Das Urteil gilt als eines der Härtesten, das gegen einen Menschenrechtsaktivisten verhängt wurde. Auch die vier IWACU-Journalist:innen befinden sich seit ihrer Festnahme im letzten Jahr immer noch in Haft. Trotz dieser negativen Menschenrechtsbilanz sieht die burundische Regierung keinen Grund für die Aufrechterhaltung des VN-Menschenrechtsbüros und kündigte im November dieses Jahres an, das Büro bis Ende des Jahres zu schließen.
Die Sicherheitslage in den östlichen Provinzen der DR Kongo hat sich im Jahr 2020 nochmals verschärft. Das VN-Menschenrechtsbüro dokumentiert von Januar bis Oktober dieses Jahres um die 7.000 Menschenrechtsverletzungen. Das beudeutet einen Anstieg von 35% im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2019. Obwohl punktuell versucht wurde, mit einigen bewaffneten Gruppen in Verhandlung zu treten und Friedensprozesse zu initiieren, ist das Machtvakuum weiterhin groß und die Übergriffe, Massaker, Vergewaltigungen, Vertreibungen und Plünderungen an der Zivilbevölkerung halten an. Die Regierung in Kinshasa ist vielmehr mit eigenen Machtkämpfen innerhalb der sehr porös gewordenen Koalition zwischen Präsident Tshisekedi und seinem Vorgänger Kabila beschäftigt, als der Straflosigkeit und Gewalt im Osten entgegenzuwirken. Am 6. Dezember löste Tshisekedi die derzeitige Regierungskoalition auf, was einen weiteren Destabilisierungsfaktor darstellen kann.
Das Verschwindenlassen und die Unterdrückung von ruandischen Oppositionspolitiker:innen und Kritiker:innen der Regierung Kagame ist auch im Jahr 2020 zu verzeichnen. Unter fragwürdigen Umständen wurde zu Beginn des Jahres der beliebte ruandische Sänger Kizito Mihigo in seiner Gefängniszelle tot aufgefunden. Der Oppositionelle Venant Abayisenga gilt seit Juni dieses Jahres als verschwunden. Auch sind verschärfte Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit im Zuge der Corona-Maßnahmen zu beobachten. So wurden beispielsweise mehrere Journalist:innen und Blogger:innen, die über die Missstände berichten, verhaftet.
Die Menschenrechtsbilanz in der Großen Seen Region ist damit weiterhin ernüchternd. Menschenrechtverletzungen bleiben häufig ohne rechtliche Konsequenzen.
Der aktuelle Newsletter informiert über die jüngsten Geschehnisse in Burundi, der DR Kongo und Ruanda.